Die Entdeckung der unendlichen Zahlen?

Dieser Untertitel, der im Grunde die Wörter "irrational" und "unendlich" gegeneinander austauscht, ist natürlich eine Anspielung auf den LAVL-Vers 1.04: "Jede Zahl ist unendlich. Es gibt keinen Unterschied.", welcher sich möglicherweise auch mit der Rede vom "quadrierten Kreis in seinem Misslingen" aus 3.47 in Verbindung bringen lässt.

Meine (zugegeben etwas holprig geratenen) Ausführungen zur "Pythagoräischen Katastrophe" mögen in diesem Zusammenhang auch folgende Interpretation von 2.32 nahe legen:
"Auch die Begründung / der Grund ist eine Lüge; denn es gibt einen Faktor unendlich & unbekannt; ".

"& alle ihre Worte sind schief-mäßig."; evtl. auch "schiefe Weisheiten, Einsichten, Erfahrungen" oder noch passender: "schiefe Methoden". Das mag andeuten, welche Verrenkungen angestellt werden , um eine unelastische Philosophie künstlich am Leben zu erhalten, welche sich in einem versteinerten, als absolute Wahrheit deklarierten, Symbolsystem manifestiert. (Siehe auch mein kleines "Pentagrammaton der Wahrheiten").


Nun eine Behauptung:

Auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht, geben die zwei einfachen Sätze in Vers 1.04 die beiden Vorraussetzungen für die Existenz von Zahlen an.

Im Grunde währe eine genauere Schreibweise einer Zahl, etwa der 2, folgende: 00000000000000000000002,0000000000000000000000.

Die Stellen vor dem Komma kommentieren den ersten Satz des Verses, die Stellen nach dem Komma kommentieren den zweiten Satz.


Der erste Satz:

Vor jeder Zahl steht eigentlich eine unendliche Zahl von Nullen. Das ist eine Grundlage unseres Ziffern-Systems, welches uns ermöglicht, jede beliebige Zahl auszudrücken, egal wie groß. (Siehe dazu auch die Anmerkungen zur Null im Artikel "Aleph, Null und XXII").

Im Alltagsgebrauch fallen diese Nullen nicht weiter ins Gewicht. Man kann sich jeder Zeit darauf verlassen, beliebig viele Dezimalstellen zur Verfügung zu haben. Zum tragen kommen diese Nullen erst, wenn versucht, die Zahlen maschinell darzustellen, etwa bei Zählwerken. Im Idealfalle währen Zählwerke unendlich groß, was sich aber kaum machen lässt.

Maschinennah programmierende Informatiker etwa, die angehalten sind speichersparend zu programmieren, müssen sich des öfteren mit der Auswahl des richtigen Zählwerks (den sogenannten Datentypen) beschäftigen, denn jeder Datenspeicher im Computer stellt im Prinzip nichts anderes, als ein Zählwerk dar. Wenn ich als Programmierer Speicher für Rechenoperationen reserviere und dabei mich für (sehr wenig) 8 Bit (8 Binär-Stellen) Datenspeicher entscheide (Datentyp "Unsigned Character", eigentlich dafür da, die Buchstaben unserer Tastatur darzustellen), kann ich nur 256 Werte darstellen. Das sind die Werte 0 (in 8 Bit: 00000000) bis 255 (in 8 Bit: 11111111). Versuche ich mit diesen Speichergrößen die Operation 250 + 15 (11111010 + 00001111) auszuführen, erhalte ich den Wert 9 (00001001), denn das "Zählwerk" zählt, einmal bei 255 angekommen, bei der Null weiter. Die 256 "landet" sozusagen beim Wert 0, die 270 beim Wert 9. Das bedeutet schlicht, dass der 8-Bit-Speicher für die Operation 250 + 15 nicht geeignet ist: Das sogenannte Überlauf-Problem.

Hiermit währen im Groben die Bedingungen beschrieben, warum eine Zahl unendlich sein muss. Anderenfalls hätten wir die Möglichkeit der Operation einer Zahl mit jeder beliebigen anderen Zahl in Abrede gestellt (zumindest solange wir bei reinen Quantitäten bleiben).


Der zweite Satz:

Die unendlichen Dezimal-Bruch-Stellen hinter dem Komma haben natürlich mit der Genauigkeit der Zahl zu tun. Wenn ich "2,000000" sage, macht das eigentlich nur praktischen Sinn, wenn ich eine Quantität von etwas, in einer vorgegebenen Maßeinheit mit einer Genauigkeit gemessen habe, die bis 6 Stellen hinter dem Komma reicht.

Im Alltagsbewusstsein reicht es für es für die meisten Zwecke aus, gleiche bzw. sehr ähnliche Dinge als in Ihrer Beschaffenheit absolut identisch zu behandeln. Bei zwei Stücken Schokolade, achte ich nicht weiter auf die Unregelmäßigkeiten des Bruchs. Es sei denn, es handelt sich um eine besonders teure Schokolade. Man bildet Klassen von Dingen, indem man reale Gegenstände auf wenige Merkmale reduziert: Äpfel, Birnen, Früchte, Tassen, Teller, Geschirr, etc..

Dieser wahrnehmungs- bzw. praxisbedingte Umgang mit Dingen als Werte führte wahrscheinlich zu der Auffassung, die Zahlen gäbe es tatsächlich. Die Frage, ob Zahlen tatsächlich existieren, ist jedoch eine bis heute nicht abschließend beantwortete philosophische Frage.

Zumindest bietet sich diese Betrachtung als Kommentar zum zweiten Satz von LAVL 1.04 an. Würden wir keine Unterschiedslosigkeit postulieren (z.B. durch Klassen), währen wir auch nicht in der Lage, einen Zahlenbegriff zu entwickeln.


... und noch eine Schöpfungsgeschichte:

Das Phänomen der Klassifizierungen geht zwangsläufig mit der Entwicklung der Begriffe und somit der Sprache schlechthin einher. Der Unterschied und die Unterschiedslosigkeit (tatsächlich männlich/weiblich, Had/Nu) sind untrennbar miteinander verknüpft.

Der Unterschied (Wahrnehmung) ersinnt die Unterschiedslosigkeit (Idee) um sich einen Begriff machen zu können. Als evolutionäre Entwicklung könnte man sich das natürlich genau andersherum vorstellen: Der Schöpfer Unterschied (Ptah, Atum) entsteigt der formlosen Ursuppe Unterschiedslosigkeit (Nun, auch Nu genannt !!!).

Nun könnte man auch versucht sein, ein Idealmodell einer quantisierbaren Unterschiedslosigkeit zu ersinnen. Wo wir doch eigentlich bei der Geometrie waren: Wie währe es mit gleich großen Kreisen, die zu allem Überfluss auch noch unendlich sind?